Inklusion im Bergsport

Sicher hat der eine oder andere von Euch das Plakat im AV-Haus gesehen: Sportler auf Augenhöhe. Bergsport ist für alle da. In der Realität gibt es Barrieren, nicht nur gedankliche. Um diese zu überwinden, können persönliche Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten helfen.

Ich möchte Euch von meinen Erfahrungen bei einem Kurs „Berg integrativ – No Limits Winter“ berichten.  Dieses Angebot im JDAV-Jugendprogramm für Menschen mit und ohne Behinderung, glaube ich, ist vielen nicht bekannt. Es gibt diesen  Kurs auch im Sommer.  Infos hierzu findet man unter https://www.jdav.de/Jugendkurse/

Als ich mich zu dieser Fortbildung für JugendleiterInnen anmeldete hatte ich keine genaue Vorstellung, was mich erwartete. Ich hatte mir vorher Fragen gestellt wie: Welche Handicaps werden die Teilnehmer haben? Hast Du genügend Geduld und Gelassenheit? Kannst Du das? Sicher war ich mir nicht. Ich entschied mich eine neue Erfahrung und es war toll.

Zunächst fand ich die Idee gut, dass jungen Menschen mit körperlichen, sinnlichen oder geistigen Beeinträchtigungen Herausforderungen wie Bergsteigen, Klettern oder ein Biwak im Schnee angeboten werden und nichtbehinderte Jugendliche lernen können, was möglich ist, wenn man sich nur genügend Zeit nimmt. Leider haben an meiner Fortbildung nur nicht behinderte JugendleiternInnen teilgenommen. Es scheint, es gibt größere Barriereren als man denkt. 

Für nicht behinderte Teilnehmer gibt es einen Vorbereitungstag, an dem man in groben Zügen über die Handicaps der behinderten TeilnehmerInnen informiert und auf die Aufgabe als „Tandem-Partner“ vorbereitet wird. Zur Übung ging es z.B. mit Schneeschuhen und verbunden Augen geführt durch ein Bachbett. Man konnte erahnen wie es ist, nicht auf alle seine Sinne zurückgreifen zu können. 

Jeder bekam einen Tandem-Partner, der täglich wechselte. Das Zimmer teilte ich für eine Woche mit Sofia, 19 Jahre, sehr gesprächig. Was ich in der Woche lernen musst: Meine Grenzen klar zu kommunizieren!  

Schon beim kennen-lernen-spielen, bekam ich ein Gespür für meine Herausforderung. Geduld ist, was man braucht. Es ging alles ein wenig langsamer. Hilfestellungen waren nötig,  nicht nur bei der Entscheidungsfindung.  Man bewegt sich am Rande der Beeinflussung, die man ja nicht will. Denn die Ziele der Woche sollen ja gemeinsam mit dem Tandem festgelegt erarbeitet werden. Man muss lernen es zuzulassen, dass nicht alles „perfekt“ funktioniert. 

Bis auf den Iglubau haben wir alles, was wir machen wollten, auch geschafft. Bei sternenklarer Nacht mit Scheeschuhen zum Putsch kochen. Auch Rodeln und Skilaufen haben super geklappt.  Zuerst wurde mit Fellen im geneigten Gelände geübt, bevor es zum Schlepplift ging. Herausforderung angenommen! Abfahrt geschafft! Mächtig Stolz! Ein gutes Gefühl für alle! Super Sonnenschein und gute Laune. Nach einer Woche hatten alle Teilnehmer etwas für sich mitgenommen. Ich würde es wieder machen. 

Am Ende meines Berichts möchte ich auf die Schwierigkeit eingehen, die Inklusion für die tägliche Vereinsarbeit bedeuten kann. Der Betreuungsaufwand ist je nach Grad der Beeinträchtigung hoch. Der Betreuer-Schlüssel für Ausfahrten spricht von einer eins zu eins bis zwei zu eins Beteuerung. Nach meiner eigenen Erfahrung ist dies auch realistisch. Man benötigt Personen die es sich zutrauen, Verantwortung für Menschen mit Handicap zu übernehmen. Um die Zielsetzung des DAV in unserer Sektion umzusetzen, benötigen wir Kooperationspartner, da wir mit unserem „Personal“ diese Aufgabe nach meiner Einschätzung nicht alleine bewältigen können. Wie bei allem wäre ein „Kümmerer“ nötig, der das Thema anpackt. Es würde sich lohnen. 

Text: Ellen Müller-Taschinski